111

Praxisbericht aus dem Pilotprojekt

Wer ist Dilab e. V. ?

Die Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle DILAB e. V. ist eine Schuldner- und Insolvenzberatungsstelle, die von der Senatsverwaltung für Soziales in Berlin zuwendungsfinanziert seit 1992 und seit 1999 gem. den Vorschriften der Insolvenzordnung als geeignete Stelle anerkannt ist.

Wie arbeitet Dilab?

Die Beratung erfolgt für die Bürger des zuständigen Bezirkes Friedrichshain-Kreuzberg in Berlin kostenlos. Im Laufe unserer langjährigen Beratungstätigkeit hat sich die Beratungsstelle auf die Erarbeitung von außergerichtlichen Schuldenregulierungskonzepten zur Vermeidung von Insolvenzverfahren spezialisiert.

Warum beteiligt sich Dilab an dem Pilotprojekt?

Unsere Beratungsstelle unterbreitet Schuldenregulierungskonzepte seit der Einführung des Verbraucherinsolvenzverfahrens mit standardisierten Formularen. Seit dem Frühjahr 2014 setzen wir die von der Stephan-Kommission entwickelten Formulare im Rahmen eines Pilotprojektes ein. Wir erzielen seit Jahren in rund 30 – 35 % der Fälle Zustimmungen zu unseren Vergleichsangeboten.

Die Arbeit mit Formularen und / oder Standards erleichtert uns die Arbeit, mit der Anzahl der Vergleiche erhöht sich auch die Handhabbarkeit der Formulare. Auch den Gläubigern werden durch einheitliche Standards die erforderlichen Daten für eine Entscheidungsfindung zur Verfügung gestellt. Die Hoffnung ist, dass ein Gläubiger schnell weiß, wo er hinsehen muss und nicht lange prüft und sucht zur Entscheidungsfindung, sondern bestenfalls dem Vergleich schnell zuzustimmen kann. Denn das ist i. d. R. unser Ziel: eine außergerichtliche Einigung!

Aber auch in den Fällen, in denen wir keine Einigung erreichen, stellen wir durch die Formulare eine Arbeitserleichterung fest. Alle für den Insolvenzantrag erforderlichen Daten sind durch den vorherigen außergerichtlichen Einigungsversuch bereits erfasst und können schnell mit dem Ratsuchenden gemeinsam in die Formulare des Antrages auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens übertragen werden. Termine in denen Unterlagen fehlten oder nachgereicht werden mussten, gehören der Vergangenheit an. Auch die Angst der Ratsuchenden vor diesem Antrag ist geringer geworden. Sie wissen im Vorfeld, welche Angaben zum Einkommen und Vermögen sie machen müssen, auch wenn diese im Insolvenzantrag detaillierter eingetragen werden müssen.

Welche Erfahrungen wurden in dem Pilotprojekt gemacht?

Wir haben in den Jahren 2014 – 2016 insgesamt 310 außergerichtliche Schuldenbereinigungspläne mit den Stephan-Formularen unterbreitet. 

  • Unsere Außergerichtlichen Einigungsversuche (2014-2016, Gesamtzahl 371) erzielten im Ergebnis:
    • Erfolgreiche Vergleiche: 30,2 %
    • Ergebnisse mit Kopf- und Summenmehrheit: 17 %
    • gescheiterte Vergleiche: 50 %

Wir legen großen Wert darauf nicht nur auszuwerten, ob ein Plan gescheitert ist oder mit 100%iger Zustimmung zustande kam, sondern weisen seit 2014 als 3. Merkmal Ergebnisse aus, in denen klar die Kopf- und Summenmehrheit erzielt werden konnte. Hier berechnen wir anders als in einem gerichtlichen Schuldenbereinigungsplanverfahren Nichtmeldungen der Gläubiger nicht als Zustimmung, sondern als Ablehnung.

Für uns ergeben sich aus dem Projekt folgende Anmerkungen/ Anregungen:

Die tägliche Arbeit mit den Stephan-Formularen und/oder auch die Auseinandersetzung mit  Kritiken anderer Beratungsstellen zeigen uns, dass Verbesserungspotential besteht, für Beratungsstellen und für Gläubiger.

Als Verbesserungsvorschlag würden wir derzeit empfehlen, den Regulierungsplan (Gläubigerverzeichnis -Anlage 4) ebenfalls zu standardisieren. Grund: Bei Nachfragen und Telefonaten mit den Gläubigern und deren Vertreter fällt immer wieder auf, dass die ausgegebenen Daten zu Irritationen führen, da für Gläubiger in der Anlage 4 keine Aktenzeichen vorhanden sind und deshalb bei mehreren Forderungen die Zuordnung der jeweiligen Zahlungen sehr schwer fällt. Leider haben wir in der Schuldner- und Insolvenzberatung nicht bei jeder Ablehnung die Zeit, nach den Gründen zu fragen und empfehlen deshalb die Standardisierung.

Zwei weitere Punkte oder Themenbereiche haben uns in den Formularen immer wieder gefehlt und müssten unseres Erachtens ergänzt werden. Zum einen gibt es bisher keinen „Raum“ für eine Sozialprognose. In den meisten außergerichtlichen Einigungsversuchen gäbe es Bedarf, über die sozialen und wirtschaftlichen Aussichten von Klient*innen zu berichten oder diese darzustellen. Hier haben wir bereits versucht, unseren eigenen Standards zu finden und stellen die Prognose entweder in der Anlage 2 oder im „standardisierten“ Anschreiben dar. 

 Mit einer weiteren Änderung haben wir in der Vergangenheit positive Erfahrungen sammeln können. In einem von uns entwickelten Anschreiben stellen wir kurz und übersichtlich dar, auf welcher Basis das Vergleichsangebot unterbreitet wird (Ratenzahlungen aus dem pfändbaren- oder unpfändbaren Einkommen, Einmalzahlung oder Nullplan).

Durch das in Cawin befindliche Seriendruckfeld kann das Zahlungsangebot schon im Anschreiben schnell und übersichtlich benannt werden. Alle weiteren Regelungen kann der Gläubiger aus den Anlagen 4 und 5 entnehmen.

 Für die Zukunft wünschen wir uns, dass
  • Regelungen für unbenannte Forderungen geschaffen werden
  • Gläubiger Ablehnungen begründen, statt mit einem Einzeiler antworten
  • gerichtliche Schuldenbereinigungsplanverfahren schneller abgeschlossen werden und
  • dass das Insolvenzverfahren wieder als letzter Ausweg gesehen wird und nicht als einzige Lösung.